Session 3 – Ein hungriges Problem

4. Thunsheer, 835 PD

Hupperdook ist nie still, doch an diesem Vormittag liegt eine seltsame Spannung in der Luft. Die Straßen sind geschäftig, aber es herrscht eine eigentümliche Unruhe. Chook, Alice, Ylva und Mouq stehen vor Nimas Haus. Die Tür ist nur angelehnt. Ein Zeichen der Unachtsamkeit – oder eine Warnung. Drinnen ist es finster, kein Licht, kein Lebenszeichen. Chook tritt als Erster über die Schwelle, ruft nach Nima. Keine Antwort. Stattdessen – Geräusche im Dunkeln. Kobolde, lauernd wie Ratten im Gemäuer. Der Kampf ist kurz, gnadenlos. Doch dann bemerkt Ylva etwas – ein leises Ticken. Ihre Augen weiten sich. “Raus hier!” Ohne zu zögern, packt sie Mouq und Chook, springt mit beiden durch das nächste Fenster. Sekunden später – eine Explosion, nicht groß genug, um das Haus zu zerstören, aber heftig genug, um Chaos zu hinterlassen. Alice, noch an der Tür, kann sich gerade noch rechtzeitig in Deckung werfen. Als der Staub sich legt, bleibt nur eine Frage: Wo ist Nima? Nimas Haus steht noch, doch drinnen herrscht Unordnung. Kleinere Explosionen, vermutlich durch die Kobolde verursacht, haben Möbel umgeworfen, Fensterläden aus den Angeln gerissen und Rußspuren an den Wänden hinterlassen. Zwischen dem Chaos entdecken sie Hinweise auf Nimas möglichen Aufenthaltsort – Papiere, Gegenstände, Spuren, die eine Richtung andeuten. Doch die Antwort muss warten.

Draußen bemerkt Chook zwei Stadtwachen, die an einer Straßenecke stehen. Als er auf sie zugeht, verstecken beide hastig ihre Bierkrüge hinter ihren Rücken. Einer von ihnen, ein junger Gnom, räuspert sich nervös. “Äh, kann ich helfen?” Chook bleibt stehen, verschränkt die Arme. “Wir wurden in Nimas Haus von Kobolden angegriffen.” Er zeigt auf die Rußspuren an seiner Kleidung, sowie das Abzeichen der Wache. “Sie hatten Sprengsätze. Kommt mit!” Die Wachen wechseln einen Blick. Der ältere von beiden, ein bärtiger Gnom, seufzt schwer. “Verdammt. Schon wieder so ein Zwischenfall. Aber wenn ihr nach Ärger sucht – den gibt es gerade woanders.” Der Gnom nickt eilig. “Die Mine. Da sind Leute verschwunden. Die Arbeiter haben von Angriffen berichtet, und niemand weiß genau, was da vor sich geht.” Das genügt. Die Gruppe zögert nicht lange – Freunde könnten in Gefahr sein. Nimas Spur verliert sich hier ohnehin, aber in der Mine wartet Gewissheit.

Chook spricht mit Ogden, einem Minenarbeiter. Düstere Mienen, besorgte Stimmen. Gegenstände verschwinden, Maschinen gehen kaputt – und nun auch noch ein Angriff. Doch nicht irgendeiner. In der Mine wüten Monster, rostfressende Kreaturen, aus einer mysteriösen Kiste entflohen. Ihr Ziel: Stollen B32, wo die Arbeiter feststecken. Vor dem Eingang zur Mine wartet Lucan, ein nervös dreinblickender Wachmann mit verschränkten Armen. “Ihr wollt da wirklich rein?”, fragt er misstrauisch. “Die Mine ist nicht mehr sicher. Wenn ihr die Arbeiter rettet, zahlt die Stadt 500 Gold.” Mouq hebt eine Augenbraue, lehnt sich mit einem geschäftstüchtigen Lächeln vor. “Nur 500? Bei der Gefahr, die da unten lauert?” Lucan presst die Lippen aufeinander. “700. Mehr ist nicht drin.” Mouq schüttelt den Kopf. “800 für die Rettung der Arbeiter. Und 300 extra für die Beseitigung der Monster.” Lucan runzelt die Stirn, aber nach einem kurzen Moment des Nachdenkens nickt er. “Abgemacht. 800 für die Rettung, 300 für die Monster. Aber dann will ich die Mine hinterher sauber sehen.” Mouq grinst. “Wir tun unser Bestes.” Als die Helden sich bereitmachen, die Mine zu betreten, tritt Lucan einen Schritt vor und hebt eine Hand. “Bevor ihr reingeht – es gibt noch etwas, das ihr wissen solltet.” Die Gruppe hält inne. “Wir haben bereits zwei Wachen reingeschickt, um nach den vermissten Arbeitern zu suchen.” Alice hebt eine Augenbraue. “Und?” Lucan verschränkt die Arme. “Keira und Lanos. Zwei meiner besten. Aber sie sind nicht zurückgekommen.” Chook runzelt die Stirn. “Wie lange sind sie schon weg?” Lucan seufzt. “Länger, als es dauern sollte. Sie hätten längst Bericht erstatten müssen.” Mouq lehnt sich an seine Gitarre. “Also sollen wir auch nach ihnen suchen?” Lucan nickt. “Ja. Falls sie noch leben, bringt sie raus. Falls nicht…” Er presst die Lippen aufeinander. “Findet heraus, was mit ihnen passiert ist.” Ylva packt ihre Großaxt fester. “Wo sollen wir mit der Suche anfangen?” Lucan deutet mit ernster Miene auf den dunklen Minenschacht. “Geht direkt nach Stollen B32. Dort ist das größte Chaos ausgebrochen. Wenn sie noch irgendwo sind, dann dort.” Chook zieht seinen Bogen fester, Alice mustert den dunklen Eingang, Mouq schnaubt leise. “Klingt einladend.” “Dann los.” Ylva geht als Erste voran, und die Gruppe folgt ihr in die Dunkelheit – nicht nur auf der Suche nach den Arbeitern, sondern auch nach den vermissten Wachen.

Die Mine. Dunkle Gänge, der Geruch von Eisen liegt in der Luft. Eine Kiste, halb versunken im Schlamm, trägt ein Zeichen – ein geschwungener Stern mit fünf Zacken. Myriad. Ein Name, der mehr Fragen aufwirft als Antworten. Die Kiste ist offen, ihr Inhalt entflohen. Erste Spuren von Verwüstung. Dann – Bewegung. Zwei Rostmonster lauern in den Schatten. Chook hebt den Kurzbogen, zieht einen Pfeil – doch der dichte Nebel in der Mine macht das Zielen unmöglich. Der erste Schuss trifft nichts, der Pfeil klackert gegen eine Wand und verschwindet in der Dunkelheit. Ein zweiter Versuch – wieder daneben. Der Pfeil verfehlt das Ziel, verschwindet tief in den Stollen. Fluchend lässt Chook den Bogen sinken. Ylva stellt sich schützend vor die Gruppe, hebt ihre Großaxt – doch die Monster schnappen nach der Waffe. Metall. Das, wonach sie gieren. Mit gierigen Kiefern klammern sie sich an die Schneide, versuchen, das Metall zu zerfressen. Ylva hält dagegen, schlägt mit dem Knauf gegen die Biester, drängt sie zurück. Mouq hebt die Hände, seine Augen leuchten auf. Magische Worte formen sich in der Luft. Ein sanfter Schimmer breitet sich aus. Eines der Monster beginnt unkontrolliert zu zittern, seine Beine versagen – es ist gelähmt. Das zweite jedoch reißt sich los, stürzt weiter auf Ylva zu. Dann ein kurzer Blickwechsel. Alice und Chook wissen, was zu tun ist. Alice murmelt eine Formel, Chook legt einen letzten Pfeil auf. Eisige Kälte kriecht über den Schaft, die Spitze gefroren. Zusammen lassen sie los – ein Frostpfeil durchbohrt das verbleibende Monster. Ein schrilles Kreischen, dann ein Splittern von Metall und Fleisch – das Wesen fällt, besiegt. Doch als der Kampf endet, erblicken sie den wahren Horror: Eine zerfetzte Leiche. Eine Wache. Das Metall ihrer Rüstung ist perforiert, zerfressen, verformt. Das Gesicht kaum noch zu erkennen. Tiefe Kratzspuren und Bisswunden zeugen von einem grausamen Ende. “Verdammt…”, murmelt Chook, während Ylva sich zu dem Körper niederkniet. Sie kennt den Anblick. Es war kein schneller Tod. Das war nur der Anfang.

Weiter im Seitengang. Plötzlich ein leises, panisches “Hallo? Ist da jemand?” Die Stimme ist kaum hörbar, doch sie reicht – und bringt die Monster in Bewegung. Ein drittes Rostmonster dreht sich abrupt um, schnüffelt in die Luft und prescht auf die Quelle des Geräuschs zu. Ein zitternder Gnom kauert in einer umgekippten Lore. Stor Feuerschmiede. Gerade noch rechtzeitig springt er auf, versucht, sich weiter unter Kisten und Geröll zu verstecken, doch es ist zu spät – das Monster hat ihn bemerkt. Es klettert auf die Lore, schnappende Kiefer nur wenige Zentimeter von Stors Kopf entfernt. Doch bevor es zubeißen kann, stürzt Ylva vor, reißt das Wesen mit einem gewaltigen Axtschlag zurück. Ein Kampf entbrennt – Ylva wirbelt ihre Großaxt, zerfetzt zwei der Kreaturen in einem einzigen Schwung. Chook und Alice arbeiten synchron, Mouq schwächt die Kreaturen mit magischen Worten. Als das letzte Monster fällt, kriecht Stor Feuerschmiede zitternd aus der Lore hervor. Sein Gesicht ist kreidebleich, seine Hände umklammern eine verbogene Spitzhacke. “Sind… sind sie weg?” Er hatte sich die ganze Zeit dort versteckt – zitternd unter Kisten und Geröll, während die Rostmonster nach Beute suchten. Chook reicht ihm die Hand. “Jetzt ja.” Stor schnappt nach Luft, blickt hektisch zwischen den Helden und den Überresten der Rostmonster hin und her. “Verdammte Scheiße… das hätte mich fast mein Leben gekostet!” Alice hilft ihm auf die Beine. “Was machst du überhaupt hier unten?” Stor wischt sich mit einem rußverschmierten Ärmel über das Gesicht und schüttelt den Kopf. “Gren hat mich losgeschickt, um das Logbuch der Mine zu finden. Irgendwas darin hat ihn nervös gemacht, aber er wollte es nicht selbst holen.” Chook hebt eine Augenbraue. “Logbuch?” Alice und Ylva tauschen einen schnellen Blick. Stor nickt, klopft sich den Staub von der Kleidung. “Ja. Es ist eine Aufzeichnung über Bestellungen, Transporte, Mineneinnahmen… und offenbar irgendwas, das Gren nicht in die falschen Hände fallen lassen will.” Mouq lehnt sich an seine Gitarre. “Lass mich raten – du hast es gefunden, dann sind die Monster aufgetaucht?” Stor schüttelt den Kopf. “Nicht mal das. Ich weiß nicht mal, wo es ist. Ich hatte nur vage Hinweise, wo ich suchen sollte, aber dann hörte ich plötzlich dieses Schaben. Ich habe versucht, mich zu verstecken – aber na ja, ihr seht ja, wie gut das lief.” Mouq grinst. “Also hat der feine Minenvorsteher dich in eine Todesfalle geschickt, ohne dir überhaupt zu sagen, wo das verdammte Ding ist? Klingt nach ihm.” Stor seufzt und nickt. “So sieht’s aus. Ich weiß nur, dass es irgendwo im Verwaltungsbereich sein sollte. Aber wo genau? Keine Ahnung.” Chook verschränkt die Arme. “Wir haben nach den Minenarbeitern gesucht. Das mit dem Logbuch ist neu für uns.” Stor blinzelt überrascht. “Dann habt ihr noch gar keine Ahnung, was da drinsteht?” Alice schüttelt den Kopf. “Noch nicht. Aber jetzt wollen wir es wissen.” Stor atmet tief durch. “Na schön. Dann komme ich mit euch. Vielleicht haben wir zusammen mehr Glück.”

Die Gruppe setzt sich in Bewegung – bis sie vor einer zerstörten Brücke stehen. Die einst stabile Holzkonstruktion ist in der Mitte zerbrochen, ein Spalt trennt die beiden Seiten. Der Abgrund darunter scheint bodenlos. Chook tritt nach vorn, mustert die Kante und deutet mit einem Nicken auf die gegenüberliegende Seite. “Ich kann mein Seil dort befestigen. Wenn ich rüberkomme, haben wir eine Möglichkeit für die anderen.” Ylva verschränkt die Arme und grinst. “Ich könnte dich einfach werfen.” Chook hebt eine Augenbraue, überlegt kurz – und zuckt dann mit den Schultern. “Mach es.” Ohne zu zögern packt Ylva ihn am Gürtel, schwingt ihn mit einer kräftigen Bewegung durch die Luft. Er landet sicher auf der anderen Seite, rollt ab, steht auf und zieht das Seil aus seiner Tasche. Dann nimmt sie Anlauf – und springt mit Leichtigkeit selbst hinüber. Während Chook das Seil befestigt, steht Alice mit verschränkten Armen daneben, während Mouq bereits prüfend auf das gespannte Seil schaut. “Ich… ich kann das nicht,” murmelt Alice, während sie nervös auf die Brücke blickt. “Es wird mir schon schwindelig, wenn ich nur daran denke.” Mouq wirft ihr einen Blick zu. “Ich kann dich rüberführen.” Alice schüttelt heftig den Kopf. “Nein! Ich bleibe hier mit Stor. Ich warte auf euch, bis ihr zurückkommt.” Stor atmet erleichtert auf. “Endlich mal jemand mit Verstand!” Mouq zuckt mit den Schultern. “Gut, dann auf geht’s.” Er stellt sich auf das Seil, balanciert vorsichtig hinüber – doch ein Fehltritt lässt ihn abrutschen. “Mouq!” Alice schreit auf, ihre Hände gehen instinktiv zu ihrem Mund. Mouq taumelt, fällt – doch im letzten Moment kann er das Seil packen. Hängend, schnaubend vor Anstrengung, hangelt er sich mit beiden Armen auf die andere Seite. Als er endlich bei Ylva und Chook ankommt, grinst er erschöpft. “War doch geplant.” Alice lässt langsam ihre Hände sinken, atmet zitternd aus. “Du bist ein Idiot, Mouq.” Stor und Alice bleiben auf ihrer Seite der Brücke, während Chook, Ylva und Mouq weiterziehen – Richtung des Büros des Minenvorstehers Gren Drehkrug.

Während Chook, Ylva und Mouq sich auf den Weg zum Büro des Minenvorstehers Gren Drehkrug machen, um ihn zu retten, bleiben Alice und Stor bei der Brücke zurück. Alice blickt zur zerstörten Brücke, dann zu Stor. “Wir können hier nicht einfach rumsitzen. Wenn wir sie reparieren, wird es für alle leichter, zurückzukommen.” Stor runzelt die Stirn. “Mit was? Die Hälfte der Brücke fehlt.” Alice schüttelt den Kopf. “Nicht ganz. Sie ist nur in der Mitte gebrochen. Wenn wir genug Holz finden, können wir eine provisorische Verbindung bauen.” Stor zuckt mit den Schultern. “Na schön. Aber wenn das zusammenkracht, war es deine Idee.” Gemeinsam beginnen sie, Holzlatten von alten Loren, zerbrochenen Balken und Stützträgern zu sammeln. Stor findet sogar einige Metallnägel in einem alten Werkzeugkasten.Mit vereinten Kräften legen sie die Latten über den Spalt in der Brücke, drücken sie fest und sichern sie so gut es geht. Es ist keine perfekte Lösung, aber zumindest kann man nun darüber balancieren, ohne das Seil zu benutzen. Während Alice und Stor an der provisorischen Reparatur der Brücke arbeiten, richtet Alice sich kurz auf, um die Umgebung zu mustern. Dann verengt sie die Augen. Ein dunkler Fleck auf dem Boden, nur wenige Meter von der Bruchstelle entfernt. Alice tritt näher – und erkennt es sofort. Blut. Nicht nur ein paar Spritzer – eine Lache, die langsam über die Kante der Brücke hinab in die Tiefe sickert. Sie folgt der Spur mit ihrem Blick. Direkt daneben tiefe Furchen im Boden, als hätte jemand eine schwere Last über den Stein gezogen. Ich Herz schlägt einen Moment schneller. Schwere Rüstung. Sie atmet langsam aus. Keira oder Lanos? Einer von ihnen muss hier gewesen sein. “Stor.” Der Gnom blickt auf. “Hm?” Alice deutet auf den Boden. “Sieh dir das an.” Stor folgt ihrem Blick, und sein Gesicht wird blass. “Das… sieht nicht gut aus.” Alice nickt, geht ein Stück weiter zur Kante der Brücke. Der Abgrund darunter ist tief und schwarz, und selbst mit Dunkelsicht kann sie nicht erkennen, was dort unten liegt. Ein unangenehmes Gefühl steigt in ihr auf. Wenn einer der Wachen hinuntergestürzt ist… dann gibt es kaum Hoffnung. Stor schluckt und tritt einen Schritt zurück. “Wir sollten einfach weiterarbeiten und nicht drüber nachdenken.” Alice bleibt noch einen Moment stehen, dann nickt sie langsam. “Brücke zuerst. Dann sehen wir weiter.” Sie kehren zur Reparatur zurück, doch die Blutspur und die tiefen Kratzer bleiben in ihren Gedanken haften.

Chook, Ylva und Mouq erreichen endlich das Büro des Minenvorstehers Gren Drehkrug. Die Tür ist noch intakt, doch tiefe Kratzer von Rostmonstern ziehen sich über das Holz. Chook hebt die Hand und klopft. “Ist jemand da?” Drinnen ist es kurz still, dann eine raue, misstrauische Stimme. Gren. “Was wollt ihr? Verzieht euch!” Chook lehnt sich an die Tür. “Wir sind hier, um euch rauszuholen. Die Mine ist nicht sicher.” Drinnen hört man ein schnaubendes Lachen. “Glaubt ihr, ich fall auf so einen Trick rein? Ihr seid doch nur Plünderer, die sich für Helden halten.” Mouq verschränkt die Arme, seufzt lautstark. “Stell dich nicht so an, du paranoider Gnom. Wenn wir euch hätten töten wollen, wäre die Tür schon längst offen. Oder zu schwer für dein fettiges Ego?” Drinnen Stille. Dann ein empörter Schrei. “Wer zum Teufel bist du überhaupt? Chook, ist das dein lausiger Bruder?” Chook schließt für einen Moment die Augen und atmet tief durch. “Ja, ist er.” Gren schnaubt. “Pff, das erklärt einiges.” Doch bevor die Diskussion weiter eskaliert, hat Ylva genug. Mit einem genervten Blick tritt sie vor, greift den Türknauf und reißt die Tür mit einem einzigen, kräftigen Ruck nach innen. Die Möbel, die als Barrikade gestapelt wurden, kippen krachend beiseite. Plötzlich ein tiefes Knurren. Lausfilz. Ein massiger Wolf schnellt vor, die Zähne gefletscht, die Muskeln angespannt. Doch bevor er Ylva erreicht, zieht eine Metallkette an seinem Hals zurück. Chook tritt dazwischen, hebt beschwichtigend eine Hand. “Ruhig, Lausfilz. Wir sind keine Feinde.” Der Wolf zögert. Seine Ohren zucken, er erkennt Chooks Stimme – doch noch bevor er sich beruhigen kann, schnellt eine Peitsche durch die Luft. Gren. Mit einem zornigen Ausdruck hebt er seine Peitsche und schlägt nach dem Wolf. “Dummes Vieh, benimm dich!” Chook reagiert instinktiv. Er wirft seinen Arm nach vorn, blockt den Schlag – doch die Peitsche trifft seine Handfläche mit einem scharfen Knall. Er zuckt kurz zusammen, doch sein Blick bleibt fest auf Gren gerichtet. Ylva tritt vor, ihre Geduld endgültig am Ende. Sie packt Gren am Kragen, hebt ihn mühelos hoch. Ihr Blick ist eiskalt. “Hör zu, Gnom. Wir sind hier, um euch rauszuholen. Und du wirst jetzt mitkommen. Sofort.” Gren schluckt. Seine Hände klammern sich an Ylvas Arm, doch ihr Griff ist unerbittlich. Schließlich nickt er hastig. “A-alles klar, schon gut! Ich geh ja schon!” Ylva setzt ihn ab. Gren richtet nervös seine Jacke, doch seine Haltung ist jetzt eine andere – weniger Arroganz, mehr Respekt. Ohne weitere Diskussion führt Chook den Trupp zurück zur Brücke, wo Alice und Stor noch warten.

Als Chook, Ylva, Mouq und Gren sich auf den Rückweg machen, sehen sie Alice und Stor auf der anderen Seite der Brücke stehen. Alice winkt. “Hey! Wir haben die Brücke repariert!” Stor ruft hinterher: “Naja… provisorisch!” Chook mustert die Holzlatten, die sie über den Bruch gelegt haben. Er grinst. “Gute Arbeit.” Ylva testet mit einem festen Tritt die Stabilität und nickt zufrieden. “Hält.” Alice nimmt einen tiefen Atemzug, schaut zu Gren und hebt eine Augenbraue. “Hat er sich quer gestellt?” Mouq schnaubt. “Natürlich.” Gren brummt nur etwas Unverständliches und verschränkt die Arme. Seine Hände halten immer noch die Metallkette von Lausfilz. Alice beobachtet ihn mit einem durchdringenden Blick, dann spricht sie gelassen: “Weißt du eigentlich, dass die Rostmonster Metall fressen?” Gren hält mitten in der Bewegung inne. Seine Augen weiten sich. Er starrt auf das kalte Metall in seinen Fingern. Ein Moment der absoluten Panik. “AHHHHHH!” Er schreit auf, wirft die Kette weg, als hätte sie ihn verbrannt, und sprintet panisch den Minengang entlang – direkt Richtung Ausgang. Ylva, Chook und Mouq blicken ihm hinterher. Dann sehen sie Alice an. Mouq grinst. “Das war… bemerkenswert.” Chook nickt anerkennend. “Effektiv.” Ylva grinst leicht und schüttelt den Kopf. “Warum hauen wir nicht öfter Leute mit Worten um?” Alice zuckt mit den Schultern. “Vielleicht weil ihr sonst immer zuhaut, bevor ich es versuchen kann.” Mouq lacht. “Dafür war das hier ein Meisterstück.” Chook dreht sich zu Lausfilz um, der noch immer still neben ihm steht. Er kniet sich vor den massigen Wolf und spricht mit ruhiger Stimme: “Hey, du bist frei. Dein Herr ist weg – und du brauchst ihn nicht mehr.” Lausfilz blickt ihn mit treuen, wachsamen Augen an, aber er bleibt still, als Chook langsam nach der Metallkette greift, die noch um seinen Hals liegt. Behutsam löst er die Schnalle. “Ganz ruhig… ich mach dich los.” Mit einem letzten Klick fällt die Kette auf den Boden. Für einen Moment liegt sie einfach da. Dann rutscht sie langsam, Stück für Stück, in Richtung Bruch der Brücke – und verschwindet in die Dunkelheit. Dann ein Aufprall. Ein langgezogenes, markerschütterndes Jaulen hallt aus der Tiefe. Gefolgt von einem schrillen, aggressiven Kreischen. Es klingt nicht nach einer einzelnen Kreatur – sondern nach mehreren. Ein dumpfes Kratzen. Metall schabt über Stein. Etwas regt sich in der Dunkelheit unter ihnen. Einen Moment lang ist alles still. Dann bricht die Panik aus. “SIE SIND NOCH DA UNTEN!” Einer der Minenarbeiter schreit auf und stolpert rückwärts. Gren, die Augen aufgerissen vor Angst, dreht sich abrupt um und schreit: “LAUFT!” Die Minenarbeiter und Gren setzen sich in panischer Flucht in Bewegung, rennen über die Brücke und weiter Richtung Minenausgang. Chook, Ylva, Alice, Mouq und Stor bleiben zurück, starren in die Dunkelheit des Abgrunds. Lausfilz schüttelt sich, als ob er die ganze Sache hinter sich lassen will, und setzt sich dann ruhig neben Chook. Ein weiteres, tiefes Knurren hallt empor. Mouq lehnt sich mit einem breiten Grinsen an seine Gitarre. “Nun… ich schätze, wir haben noch Arbeit zu erledi—” Alice hebt eine Hand und unterbricht ihn. “Später. Zuerst bringen wir die Arbeiter in Sicherheit.” Chook nickt. “Richtig. Keine Ablenkung, bevor sie oben sind.” Mouq zuckt mit den Schultern. “Na gut, wenn ihr darauf besteht.” Ylva blickt noch einmal in die Dunkelheit, dann schultert sie ihre Axt. “Dann los.” Mit den geretteten Arbeitern, Gren und Lausfilz im Schlepptau macht sich die Gruppe auf den Weg zum Minenausgang.

Lucans Belohnung wartet, die Mission scheint erfolgreich beendet – doch Alice hat noch etwas, das sie loswerden muss. Während sie neben Chook geht, senkt sie die Stimme. “Bevor wir weitergehen… ich muss euch etwas sagen.” Chook, Mouq und Ylva werfen ihr neugierige Blicke zu. Alice hält kurz inne, dann fährt sie fort. “Als Stor und ich die Brücke repariert haben… wir haben etwas gefunden.” Mouq hebt eine Augenbraue. “Etwas Interessantes?” Alice nickt langsam. “Blut. Viel davon.” Chook bleibt stehen. “Blut?” Alice verschränkt die Arme. “Nicht nur das. Es gab tiefe Furchen im Stein, als wäre etwas Schweres darüber geschleift worden – und die Blutspur führte direkt in den Abgrund.” Ylva presst die Lippen zusammen. “Schwere Rüstung.” Chook runzelt die Stirn. “Dann war es eine der Wachen.” Alice nickt. “Vermutlich Keira oder Lanos. Ich konnte von oben nichts erkennen, aber… wer auch immer es war, ist nicht freiwillig da runtergegangen.” Ein Moment der Stille legt sich über die Gruppe. Mouq schnalzt nachdenklich mit der Zunge. “Also entweder war die Person schon tot, als sie fiel, oder sie wurde noch lebendig hinuntergezogen.” Alice sieht in die Dunkelheit der Mine zurück. “Wie auch immer – wenn wir Keira oder Lanos retten wollen, müssen wir nach unten.” Ylva atmet tief durch. “Aber zuerst bringen wir die Arbeiter in Sicherheit.” Chook nickt, und die Gruppe setzt ihren Weg fort – doch das Wissen über den möglichen Verbleib einer der Wachen bleibt in ihren Köpfen.

Die Gruppe erreicht endlich den Eingang zur Mine, wo Lucan bereits wartet. Als er die Überlebenden sieht, entspannt er sich sichtlich und atmet erleichtert aus. “Ihr habt es tatsächlich geschafft!” Chook tritt vor und nickt. “Alle sind draußen. Es waren Monster, aber die Mine ist jetzt sicherer als vorher.” Lucan kratzt sich am Kopf, mustert die Gruppe. “Nicht schlecht. Dann haben wir einen Deal – 800 Gold für die Rettung der Arbeiter und 300 für die Monster.” Mouq räuspert sich und tritt mit seinem typischen Verhandlungslächeln nach vorne. “Ah, Lucan, mein guter Freund… siehst du, da gibt es noch ein kleines Problem.” Lucan runzelt die Stirn. “Ein Problem?” Mouq nickt. “Wir haben festgestellt, dass sich noch mehr von diesen Biestern in der Mine befinden könnten. Und das ist nicht nur unsere Sorge, sondern auch deine.” Lucan verschränkt die Arme. “Wieso sollte das mein Problem sein?” Mouq lächelt schlau. “Nun, wenn du klug bist – und das bist du ganz sicher – dann wirst du einsehen, dass es auf deine Kappe geht, dass du uns angeheuert hast, die Monster zu beseitigen. Jetzt stell dir vor, was passiert, wenn jemand herausfindet, dass es da unten noch mehr von ihnen gibt. Wer wird dann verantwortlich gemacht? Wer wird für die Sicherheit der Mine kritisiert? Wer wird seinen schönen kleinen Posten verlieren?” Lucan blinzelt, seine Augen werden schmal. “Hmm…” Mouq fährt ungerührt fort. “Oder… du könntest das hier als deine große Chance sehen. Du hast weitsichtig gehandelt, hast die richtigen Leute angeheuert, hast dafür gesorgt, dass die Mine komplett gesäubert wird. Stell dir vor, was deine Vorgesetzten sagen werden, wenn sie erfahren, dass du nicht nur die Arbeiter gerettet, sondern auch die Bedrohung für immer beseitigt hast. Vielleicht sogar… eine Beförderung?” Lucan überlegt. Seine Finger tappen unruhig gegen seine Armrüstung. “1000 Gold für die Monster.” Lucan schaut Mouq an. Dann zu Chook, Ylva und Alice. Schließlich nickt er langsam. “Verdammt… du hast mich.” Er greift in seine Tasche, zählt das Gold ab und reicht es der Gruppe. “1000 Gold. Und wenn ihr mich in eurem Bericht erwähnt… vergesst nicht, dass es meine brillante Idee war.” Mouq grinst breit. “Natürlich, Lucan. Dein Name wird glänzen.” Ylva klopft ihm auf die Schulter. “Gut verhandelt.”

Chook verstaut den Beutel mit dem Gold, während Alice zufrieden die Arme verschränkt. “Dann sind wir uns also einig. Die Mine ist sicher. Die Monster sind erledigt. Und Lucan – unser brillanter Stratege – hat alles organisiert.” Lucan schmunzelt leicht und lehnt sich gegen einen Balken. “Ihr seid ein dreckiger Haufen, aber verdammt effektiv. Vielleicht brauchen wir euch bald wieder.” Chook öffnet den Goldbeutel und beginnt, das Gold unter den Helden aufzuteilen. “Jeder bekommt seinen Anteil. Das haben wir uns verdient.” Alice, Ylva und Mouq nehmen das Gold entgegen, während sie sich für die nächste Aufgabe rüsten. Alice schaut zurück in die dunkle Mine. “Also, es gibt noch Arbeit zu erledigen. Wir sind noch nicht fertig.” Ylva zieht ihre Großaxt mit einem leichten Grinsen. “Gut. Ich war noch nicht müde.” Mouq lehnt sich wieder an seine Gitarre, tippt mit einem Finger auf die Saiten und grinst. “Also zurück in die Dunkelheit? Dann lasst uns das doch gleich erledigen, bevor Lucan sich’s anders überlegt.” Chook schnallt seinen Bogen fest. “Dann los. Die letzten Monster warten auf uns.”

Ohne zu zögern betritt die Gruppe erneut die Mine – bereit, die verbleibenden Kreaturen endgültig zu vernichten. Nach ihrer zweiten Verhandlung mit Lucan und der gesicherten Belohnung kehren Chook, Alice, Ylva und Mouq zurück zur Brücke über den Abgrund. Der Abgrund gähnt vor ihnen – eine endlose Dunkelheit, aus der nichts zu erkennen ist. Chook tritt an den Rand, nimmt eine Fackel aus seinem Rucksack, entzündet sie und lässt sie hinabfallen. Die Flamme zieht eine helle Spur durch die Finsternis, wirft flackernde Schatten auf die Brücke und ihre massiven Pfeiler. Die Fackel fällt tief. Dann – ein schwaches Leuchten, als die Flamme den Boden erreicht. Chook blinzelt. Etwas blitzt auf halbem Weg den Abhang hinunter auf. “Das Logbuch!” Die anderen folgen seinem Blick – doch in der Dunkelheit sehen sie nichts. Chook deutet in die Tiefe. “Mit eurer Dunkelsicht könnt ihr es erkennen.” Alice kneift die Augen zusammen, Ylva und Mouq tun es ihr gleich. Ein dunkler, lederner Einband, leicht zwischen Geröll eingeklemmt – es ist da. Alice hebt eine Augenbraue. “Das sollte kein Problem sein.” Sie pfeift leise. Ein Schatten löst sich von ihrer Schulter – Nira, ihre Tressym, streckt die Flügel aus und faucht kurz auf. “Nira, hol das Logbuch.” Mit einem lautlosen Satz gleitet die Tressym hinab, ihre Augen leuchten in der Dunkelheit. Sekunden später schnappen ihre Fangzähne nach dem Einband, und mit kräftigen Flügelschlägen trägt sie es vorsichtig nach oben. Sie landet sanft auf Alice’ Schulter, lässt das Logbuch in ihre Hände fallen. “Gute Arbeit, Nira.” Alice schlägt das Buch auf, doch die schwache Beleuchtung macht es unmöglich, die Einträge zu lesen. “Verdammt, hier unten kann ich nichts erkennen.”

Dann ein dumpfes Knurren hallt durch die Tiefe. Die Fackel, noch immer auf dem Boden liegend, wirft verzerrte Schatten auf massive, sich windende Formen. Augen glimmen im Dunkeln. Ein Nest. Ein wahres Nest der Rostmonster. Und in seiner Mitte – eine gewaltige Brutmutter. Mouq hebt eine Hand, deutet auf etwas zwischen den Monstern. “Da glitzert was.” Alice kneift die Augen zusammen. “Wo?” Mouq zeigt mit dem Finger auf einen dunklen Haufen aus Erde und Knochen. “Da, in dem Nest – es funkelt leicht grünlich.” Alice hält inne, dann zieht sie langsam Luft durch die Zähne. “Das kann nur eine magische Rüstung sein.” Ylva runzelt die Stirn. “Warum?” Alice deutet auf das Metallstück, das schwach in der Dunkelheit schimmert. “Normale Rüstung wäre längst zerfressen worden. Wenn sie noch da ist, hält sie die Monster auf Abstand.” Mouq legt eine Hand an seine Gitarre. “Dann müssen wir sie holen.” Die Gruppe tritt von der Brücke zurück, das Nest der Rostmonster liegt tief unter ihnen, erhellt von der langsam flackernden Fackel. “Wir müssen sie alle auf einmal erledigen,” sagt Ylva und lehnt sich gegen ihre Axt. Chook nickt. “Direkte Konfrontation ist Selbstmord. Wir brauchen eine bessere Lösung.” Alice tippt nachdenklich auf das Logbuch. “Was ist mit einer Lore? Wenn wir eine finden und sie von der Brücke stürzen, könnte sie genug Schaden anrichten, um das Nest auszuschalten.” Mouq schnalzt mit der Zunge. “Klingt gut, aber wenn das nicht reicht?” Chook hebt eine Augenbraue. “Dann haben wir noch das Sprengpulver aus Nimas Haus.” Ein kurzer Moment der Stille – dann nicken alle zustimmend. “Also gut,” sagt Ylva. “Wir besorgen eine Lore.”

Nach kurzer Suche finden sie eine alte Lore auf Schienen, mit Rost an den Rändern, aber schwer genug, um tödlich zu sein. Mühsam schieben sie sie zur Brücke, positionieren sie genau über dem Abgrund. Mouq lehnt sich entspannt an seine Gitarre. “Dann bringen wir sie jetzt zum Sammelpunkt.” Er hebt ein kleines Metallstück, hält es für einen Moment in der Hand – dann lässt er es über den Rand der Brücke fallen. Das Metall schlägt unten auf – ein hohles, hallendes Klirren. Die Monster reagieren sofort. Rostmonster stürzen herbei, ihre scharfen Zähne klacken vor Aufregung. Genau unter die Lore. “Jetzt!” ruft Chook. Mit einem kraftvollen Stoß kippen sie die Lore über die Kante. Mit einem dröhnenden Knall schlägt die Lore auf. Zwei Rostmonster werden sofort zerquetscht, ihre Leiber unter dem tonnenschweren Gewicht förmlich zermalmt. Doch die Brutmutter ist zäher – sie wird zwar von der Lore eingeklemmt, doch ihr gewaltiger Körper windet sich, wild schreiend vor Schmerz. Chook zieht das Sprengpulver hervor, das sie in Nimas Haus gefunden haben. “Das sollte reichen.” Er zündet die Lunte. Ein schwaches, rotes Glühen flammt auf. “Rückzug.” Mit einer schnellen Bewegung wirft er das Sprengpulver hinab. Es fällt – taumelt durch die Luft – und schlägt genau auf der Brutmutter auf. Ein Funke. Dann – eine gewaltige Explosion. Die Druckwelle fegt durch die Mine, der Schall donnert durch die Tunnel. Staub wirbelt auf. Ein ohrenbetäubendes, markerschütterndes Kreischen – und dann Stille.

Als der Rauch sich legt, blicken die Helden hinab. Nur noch Fetzen der Monster sind übrig. Metallstücke der Lore liegen verstreut, zersplittert durch die Wucht der Detonation. Alice blinzelt. “Das war… beeindruckend.” Mouq schüttelt sich den Staub aus den Haaren. “Und das Beste? Ich hab keinen einzigen Schlag abbekommen.” Ylva legt ihre Axt auf die Schulter. “Problem gelöst.” Chook grinst. “Und das Logbuch haben wir auch.” Als sich der Staub der gewaltigen Explosion legt, starren die Helden auf das verwüstete Nest der Rostmonster. Kein Laut ist mehr zu hören. Alles ist tot. Mouq lehnt sich entspannt an seine Gitarre, klopft den Dreck von seinem Umhang und grinst. “Nun, da wir die Sache erledigt haben…” Er zeigt mit einem Finger in den Abgrund. “Sollten wir uns nicht die magische Rüstung holen?” Chook verschränkt die Arme. “Zu riskant. Wir haben unsere Belohnung, wir sollten nichts herausfordern.” Alice hebt eine Augenbraue, dann holt sie aus ihrem Rucksack ein kleines Fläschchen hervor. “Das hier löst dein Problem.” Chook blinzelt. “Ein Klettertrank?” Alice nickt. “Mouq kann sich mit dem Seil sichern und ohne Gefahr runterklettern.” Mouq nimmt das Fläschchen entgegen, mustert es kurz – und setzt es ohne Zögern an. Kaum hat er den Trank geschluckt, fühlt er die Veränderung. Seine Muskeln spannen sich reflexartig, seine Hände kribbeln leicht.
“Na dann – sehen wir mal, was das Nest noch für mich bereithält.”

Er wirft sich ein Seil über, sichert es an einem Pfeiler der Brücke und hangelt sich geschmeidig hinab. Unten angekommen fällt ihm sofort die leuchtende Brustplatte ins Auge. Er greift sie an, fühlt die Kälte des Metalls, spürt, wie eine seltsame Energie durch das Material fließt. “Oh, das ist definitiv magisch.” Mit geübten Griffen schnallt er sie sich um. Doch das ist nicht alles. In den Überresten des Nestes funkelt etwas. Mouq tritt näher und hebt eine silberne Brosche auf. “Hmm, hübsch.” Die Gravur darauf – ein zierliches Muster aus verschlungenen Linien, fast als würde sie leise Musik ausstrahlen. “Passt perfekt zu mir.” Er steckt sie sich an den Umhang. Dann – ein weiterer Fund. Edelsteine, halb im Staub verborgen. Ein großer, funkelnder Granat, tiefrot wie ein glühender Sonnenuntergang. Dazu drei schimmernde Malachiten, mit tiefgrünen, wirbelnden Mustern. “Nicht schlecht.” Er steckt sie sich ein, richtet sich auf und ruft nach oben. “Ich bin fertig – zieht mich hoch!”

Oben angekommen präsentiert Mouq stolz seinen Fund. Alice mustert die Brustplatte und nickt nachdenklich. “Definitiv magisch.” Chook fährt mit der Hand über das Metall. “Das ist Adamant.” Alice blinzelt überrascht. “Das ist wertvoll.” Mouq zuckt mit den Schultern. “Tja, Glück für uns.” Er sieht sich die Rüstung an, dann seine eigene Kleidung – und schüttelt den Kopf. “Nicht mein Stil.” Er dreht sich zu Chook und hält ihm die Brustplatte hin. “Ich glaube, das passt eher zu dir.” Chook zögert einen Moment, dann nimmt er sie entgegen. “Danke.” Mouq grinst breit, lehnt sich wieder an seine Gitarre und sagt mit einem kecken Zwinkern: “Und was die anderen Sachen angeht – nun, nicht alles muss erwähnt werden, oder?” Alice rollt die Augen, Ylva schnaubt belustigt, und Chook schüttelt nur den Kopf. Aber keiner sagt etwas dagegen. Mit der magischen Rüstung, dem Logbuch und dem Wissen, dass die Mine nun wirklich sicher ist, machen sich die Helden auf den Weg zurück zum Minenausgang.

Der Kampf, die Explosion und die Entdeckung des Nestes liegen hinter ihnen – doch eine Frage bleibt. Alice geht neben Chook, hält ihm das Logbuch hin. “Du arbeitest hier. Vielleicht verstehst du es besser als ich. Sieh nach, was Gren so nervös gemacht hat.” Chook nimmt das Buch, blättert mit geübten Händen durch die Seiten. Vertraute Einträge über Lieferungen, Erträge, Wartungsarbeiten – bis eine ungewöhnliche Notiz ins Auge sticht. Seine Stirn runzelt sich. “Hier.” Die anderen halten inne, lauschen. Chook liest laut vor: “Sprengsätze, billige Ware. Schlechte Qualität, aber ausreichend. Lieferung über Kontakt in Zadash. Kennzeichnung mit Sternsymbol.” Er blättert weiter. Das gleiche Symbol, immer wieder auftauchend. Alice verengt die Augen. “Das ist das Symbol auf der Kiste in der Mine.” Mouq lehnt sich mit verschränkten Armen zurück. “Das kann kein Zufall sein.” Chook liest weiter, dann hält er inne. Ein Name. “Myriad.” Ylva schnaubt. “Also doch.” Die Myriad. Eine berüchtigte, skrupellose Untergrundorganisation. Mouq hebt eine Augenbraue. “Also war Gren entweder in ihre Geschäfte verwickelt oder hatte Angst, dass jemand es herausfindet.” Alice tippt nachdenklich auf das Buch. “Und die Lieferung kam aus Zadash? Dann könnte das bedeuten, dass die Myriad nicht nur hier aktiv ist, sondern ihre Finger viel weiter ausgestreckt hat.” Chook schließt das Logbuch, seine Miene ernst. “Was auch immer Gren geplant hat – er wollte dieses Buch um jeden Preis sichern.” Ylva verschränkt die Arme. “Tja, Pech für ihn. Jetzt gehört es uns.” Alice nickt. “Und wenn die Myriad wirklich dahintersteckt… dann ist das hier noch nicht vorbei.” Chook sieht die anderen an, dann hebt er das Buch. “Wir haben es. Und wir wissen jetzt, worauf wir achten müssen.”

Die Gruppe setzt ihren Weg fort – mit neuen Fragen, aber auch mit neuen Antworten. Als die Helden endlich den Eingang der Mine erreichen, wartet Lucan bereits mit verschränkten Armen. Der Boden vibriert noch leicht nach der gewaltigen Explosion, die selbst hier oben zu hören war. Sein Blick huscht von den Helden zu den Geretteten, dann wieder zurück. “Ihr habt’s echt geschafft, was?” Chook nickt, greift nach dem Logbuch – doch anstatt es hochzuwerfen, hält er es Alice hin. “Das solltest du behalten.” Alice nimmt das Buch und zieht ihren magischen Beutel hervor. Als sie ihn öffnet, tut sich im Inneren eine tiefe, schwarze Leere auf. Das Logbuch gleitet von allein hinein, als würde der Beutel es förmlich verschlingen. “So, sicher verstaut.” Alice klopft auf den Beutel und verstaut ihn wieder an ihrem Gürtel. Lucan beobachtet das Spektakel mit hochgezogenen Augenbrauen, schüttelt dann grinsend den Kopf. “Ich wusste, dass ihr gut seid, aber das war… beeindruckend.” Er greift in seine Tasche, zieht einen prall gefüllten Beutel hervor und hält ihn Mouq hin. “Wie versprochen – 1000 Gold. Und weil ich nicht vergessen werde, wem ich diesen Erfolg zu verdanken habe…” Sein Blick gleitet über die Gruppe. “Kommt ins Blushing Tankard. Ihr seid meine Gäste.” Chook und Mouq tauschen einen begeisterten Blick. “Blushing Tankard?” fragt Mouq, als hätte Lucan ihn gerade gefragt, ob er die Nacht unter Sternen oder in einem königlichen Palast verbringen wolle. Chook nickt zustimmend. “Endlich mal was Vernünftiges. Das müssen wir feiern.” Mouq lehnt sich an seine Gitarre. “Freies Bier, gute Musik, Glücksspiele, Frauen – was will man mehr?” Doch Alice seufzt und überlegt keine Sekunde. “Ich passe. Ich bevorzuge weniger Getöse.” Chook blinzelt. “Weniger… Getöse?” Mouq runzelt die Stirn. “Alice, das ist das Blushing Tankard. Es gibt abgeschiedene Logen. Also fast ruhig. Ein bisschen.” Alice hebt eine Augenbraue. “Wirklich? Oder ist es einfach nur ein einziges Chaos mit gelegentlichen dunklen Ecken?” Chook räuspert sich. “…Okay, es geht manchmal wild zu.” Mouq hebt abwehrend die Hände. “Also gut, es ist laut. Sehr laut. Und voller Leute. Und es gibt Kämpfe. Und Betrunkene. Und laute Musik. Aber genau das macht es doch großartig!” Alice bleibt unbeeindruckt. “Ich würde lieber eine Bibliothek aufsuchen.” Lucan, der das Gespräch amüsiert verfolgt hat, hebt plötzlich eine Hand. “Dann hab ich vielleicht einen besseren Vorschlag für dich.” Alice blickt ihn skeptisch an. Lucan grinst. “Kennst du ‘Friendly Beholder’? Ein Magieladen hier in der Stadt. Klein, ruhig, voller Bücher und magischer Artefakte. Genau dein Ding.” Alice überlegt kurz, dann nickt sie langsam. “Das klingt… akzeptabel.” Chook schüttelt grinsend den Kopf. “Ich versteh dich echt nicht.” Mouq klopft Alice auf die Schulter. “Irgendwann schlepp ich dich doch mal mit ins Blushing Tankard.” Alice schmunzelt. “Viel Glück dabei.”

Als die Helden die Mine verlassen und sich Hupperdook wieder öffnet, hallt eine Frage in ihren Gedanken nach: Was will die Myriad mit dieser Stadt? Und wer ist ihr nächstes Ziel?   

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