Die Gruppe hatte sich aufgeteilt, während sich Noita in der gemieteten Hütte von den jüngsten Ereignissen ausruhte. Rutto, Crois und Thamanea machten sich unter der Führung von Rutto auf den Weg zum Skull & Sword, um Blackjack Mel aufzusuchen.
Die klapprige Tür des Schankraums öffnete sich quietschend, als sie eintraten. Die Luft war erfüllt vom Geruch von Bier und Rauch. Blackjack Mel, ein schlacksiger kleiner Mann mit Narben im Gesicht und schmierigen Haaren, saß an seinem privaten Tisch. Er musterte die Gruppe misstrauisch, doch Rutto konnte ihn überreden, ihnen einen neuen Auftrag zu geben, trotz ihres Versagens beim Zepter von Saint Vitruvio. Rutto erzählte ihm von dem Verbleib des Zepters bei den Anhängern des Falling Fire.
Mel stellte seinen Whiskey beiseite und lehnte sich zurück. “Ein neuer Auftrag also”, sagte er mit einem grimmigen Lächeln. “Es geht um einen gewissen Oscar Yoren in Reed Manor. Ich möchte, dass ihr ihn ‘bittet’, seine Heiltränke nicht mehr an die Hooded Lanterns zu verkaufen. Sagt ihm, dass ihr von der Queen geschickt wurdet und dass ab sofort alle Tränke exklusiv an die Queen’s Men gehen.”
Die Gruppe nahm den Auftrag an und Mel entlockte ihnen noch ein paar Goldmünzen, nachdem er ihnen eine nützliche Information zukommen ließ. “Von der Eckerman Mill aus könnt ihr leichter auf der anderen Seite von Drakkenheim in die Ruinen gelangen”, verriet er ihnen.
Mit dieser Information begaben sich Crois und Rutto zu River, der Kontaktperson der Amethyst Academy. River hatte möglicherweise Informationen darüber, ob die Akademie an Oscar Yoren interessiert war. Sie fanden River am Kaminfeuer des Saloons im Red Lion Hotel.
Nachdem sie River von ihrem Auftrag erzählt hatten, öffnete diese ihre glänzenden Augen. “Oscar Yoren”, murmelte sie nachdenklich. “Er war ein Ausgestoßener der Akademie, ein Mann mit unkonventionellen Methoden.”
River begann mit der Beschreibung von Oscar Yoren als einst talentierter Magier und vielversprechender Student der Amethyst Academy. Er war bekannt für seine scharfen Verstand und seine außergewöhnliche Fähigkeit, sich in den Bereichen Alchemie und Necromantie zu spezialisieren. Oscar war stets auf der Suche nach neuen Wegen, um seine Forschungen voranzutreiben, auch wenn er dabei unkonventionelle und oft unethische Methoden einsetzte.
Vor etwa zehn Jahren war Oscar an einem bahnbrechenden Experiment beteiligt, das sich mit der Kontaminierung des Deleriums befasste. Doch etwas ging schief. Die Kontamination entglitt seiner Kontrolle und führte zu einer verheerenden Explosion, bei der mehrere Studenten und sogar einige Professoren der Amethyst Academy ums Leben kamen. Oscar, der für den Vorfall verantwortlich gemacht wurde, sah sich mit schweren Anschuldigungen und der Möglichkeit eines Ausschlusses aus der Akademie konfrontiert. In seiner Verzweiflung floh Oscar aus der Akademie und fand Zuflucht in Reed Manor, einem heruntergekommenen Anwesen am Rande von Drakkenheim.
River betonte die Bedeutung von Yorens Forschungen und sagte: “Wir müssen seine Ergebnisse haben, zur Not auch sein Gehirn.” Sie erklärte, dass die Akademie ein starkes Interesse an der Erforschung des Deleriums und seiner Auswirkungen hatte. Die Amethyst Academy war weiterhin an seinen Erkenntnissen interessiert, trotz der Umstände seiner Flucht. Die Akademie hoffte, dass Oscars Forschungen neue Einblicke in das Delerium und seine Auswirkungen liefern könnten. Sie hegte jedoch auch Zweifel an Oscars Methoden und seinem ethischen Kompass.
Die Gruppe machte sich auf den Weg zur Eckerman Mill, um weitere Informationen zu sammeln. Die Windmühle thronte auf einem einsamen Hügel und wirkte düster und verfallen. Die Wände waren von Graffiti und Schnitzereien bedeckt, die die düstere Geschichte der Ruinenstadt erzählten.
Unter den Schmierereien fanden sie eine Notiz von anderen Abenteurern, die besagte: “Die Trolle bei King’s Gate lassen dich zwar vorbei, aber es kostet dich einen Arm und ein Bein.” Sie vermuteten, dass dieser Hinweis auf eine gefährliche Passage in den Ruinen hinwies.
Schließlich erreichte die Gruppe Reed Manor. Das Anwesen ragte düster und verfallen vor den Darkk Lyres auf, als sie den Eingang erreichten. Das zweistöckige Steinhaus war von einem rostigen schmiedeeisernen Zaun umgeben, der von wilden Büschen und dornigen Brombeeren überwuchert war. Der verwitterte Hof war von vernachlässigten Grasbüscheln und Unkraut durchzogen, die sich in den Ritzen des kopfsteingepflasterten Weges ihren Weg bahnten.
Die langen, schmalen Fenster des Herrenhauses waren von außen mit verrotteten Holzbrettern vernagelt, doch im ersten Stock flackerte schwaches Licht hinter einem der Fenster. Mehrere Schornsteine ragten aus dem mit Schieferschindeln gedeckten Dach, aus denen jeweils eine leichte Rauchfahne aufstieg, die sich in der kühlen Abendluft verlor.
Die Atmosphäre um Reed Manor war düster und bedrückend. Die abblätternde Farbe an den Wänden des Herrenhauses und der scharfe Geruch von Verfall hingen in der Luft. Es war offensichtlich, dass das Anwesen jahrelang vernachlässigt worden war und nur noch einen Hauch von seinem einstigen Glanz besaß. Reed Manor schien ein Ort der Einsamkeit und des Verfalls zu sein, der von den dunklen Machenschaften und den unheilvollen Experimenten von Oscar Yoren gezeichnet war.
An dem Vorgarten wurden sie von einer Wache empfangen, einem Ogerzombie, der grob genug war, um sie nicht sofort anzugreifen. Sie spielten vor, an Yorens Tränken interessiert zu sein, und wurden schließlich eingelassen. Im Inneren des heruntergekommenen Anwesens wurden sie von einem der zu Oscar übergelaufenen Akademiestudenten begrüßt.
Der junge Magier war skeptisch, da Oscar nichts mehr mit der Akademie zu tun haben wollte. Noita trat vor und erklärte, dass sie ein wichtiges Angebot hätten und ihn unbedingt sprechen müssten. Schließlich wurden sie ins Esszimmer geführt, wo Oscar Yoren selbst auf sie wartete.
Der Zauberer saß an einem verrotteten Tisch und beäugte sie misstrauisch mit seinen blutunterlaufenen Augen.
Der Anblick des magischen Ausgestoßenen ließ ihre Blicke auf seinem widerwärtigen Äußeren verweilen. Oscar Yoren war ein kurzer, breiter Mann in seinen mittleren Fünfzigern. Er trug schlampige, abgenutzte Lederhosen und einen schmutzigen, schwarzen Mantel, der seine schäbige Erscheinung unterstrich. Seine Schulter-langen, fettigen schwarzen Haare hingen strähnig herunter, und ein dichter, drahtiger Bart kroch über seinen schlaffen Hals. Seine Haut war von Geschwüren und fahlen Flecken übersät, und unter seinem Hals zeigten sich hervorstehende Blutgefäße. Doch das Auffälligste waren seine eingefallenen, blutunterlaufenen Augen, die mit einem lila-grünen Schimmer leuchteten. Seine gelben Zähne und Fingernägel rundeten das unappetitliche Bild ab.
Oscars Erscheinung ließ keinen Zweifel daran, dass sein Körper von den Folgen seiner eigenen verwerflichen alchemistischen und nekromantischen Praktiken gezeichnet war. Seine gruselige Aura und sein abstoßendes Äußeres ließen erahnen, welchen dunklen Pfaden er gefolgt war, um seine Forschungen voranzutreiben. Er hörte sich das Angebot der Queen an, verlangte jedoch im Gegenzug Schutz von den Queen’s Men, um ungestört weiterforschen zu können.
Ein entsprechender Vertrag wurde unterzeichnet, und Oscar begann von seinen Forschungen zu erzählen. Er sprach von den zehn Jahren, die er in Drakkenheim verbracht hatte, und von der bedrohlichen Kontaminierung. Mit einem Hauch von Wahnsinn in den Augen, begann er lebhaft von seinen Forschungen zum Wachstum des Deleriums zu erzählen. Seine Stimme bebte vor Aufregung, während er die düsteren Geheimnisse enthüllte.
“In Wahrheit ist der Kristall anders als ein Mineral oder Edelstein”, begann er mit fieberhafter Begeisterung. “Es ist ein Organismus, ein lebendes Wesen. Ich habe gesehen, wie die Kristalle wie Pilze auf einem toten Baum wachsen. Der Prozess dauert einige Zeit; Wochen, Monate, sogar Jahre.”
Er machte eine kurze Pause, um die Bedeutung seiner Entdeckung zu betonen. “Ich habe das nur herausgefunden, indem ich wilde Proben in der Nähe meines neuen Zuhauses beobachtet und untersucht habe. Außerhalb des Haze wachsen sie nicht. Das bedeutet, dass es neue Deleriumablagerungen in den Ruinen gibt. Vielleicht gibt es jetzt mehr als zu der Zeit, als der Meteor ursprünglich einschlug.”
Die Gruppe lauschte gebannt seinen Worten und spürte die Brisanz dieser Erkenntnis. Oscars Augen leuchteten vor Vorfreude auf die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben könnten. “Denkt nur daran”, fuhr er fort, “wenn wir das Wachstum des Deleriums verstehen und kontrollieren können, haben wir die Macht, unvorstellbare Dinge zu erreichen. Neue Heilmittel, verheerende Waffen, sogar die Manipulation von Lebensformen selbst!”
Seine Worte hingen in der Luft, während die Gruppe die ungeheure Tragweite seiner Forschungen verarbeitete. Oscar Yoren, der verschmähte Magier, hatte etwas entdeckt, das die Welt von Drakkenheim für immer verändern konnte. Doch welche Gefahren lauerten in den Ruinen der Stadt, wenn die Kontrolle über das Delerium in die falschen Hände geriet?
Oscar enthüllte das Rezept für Aqua Expurgo, ein Elixier, von dem er behauptete, es könne den Trinker vor der Kontaminierung durch Delerium schützen. Doch ihm fehlte eine entscheidende Zutat: Eine Eldritch Lily, die im verseuchten Queen’s Park in der Stadtmitte wuchs.
Inmitten des Gesprächs entstand ein moralischer Zwiespalt zwischen Thamanea und Oscar. Der Zauberer weigerte sich, seine Forschung und das Rezept herauszugeben, da er glaubte, nur er selbst könne mit diesem Wissen umgehen. Die Akademie sei dazu nicht fähig. Thamanea, empört über diese Arroganz, gab ihm eine Ohrfeige. Oscar fühlte sich bedroht, und die angespannte Situation eskalierte. Er verdächtigte die Gruppe, Assassinen der Akademie zu sein, und griff mit mächtiger, von Krankheiten durchzogener Magie an.
Ein erbitterter Kampf entbrannte, bei dem die Gruppe letztendlich siegreich war. Sie entschieden sich dafür, Oscar am Leben zu lassen, hinterließen jedoch eine deutliche Nachricht als Erinnerung an den Vertrag mit der Queen.
Als die Gruppe Oscar Yoren besiegt hatte und das Esszimmer durchsuchte, stießen sie auf einen verborgenen Eingang hinter einem massiven Bücherregal Arbeitszimmer von Reed Manor. Sie wagten sich vorsichtig hinab in das düstere und modrige Geheimlabor des abtrünnigen Magiers.
Der Raum war erfüllt von einem unangenehmen Geruch, einer Mischung aus faulendem Fleisch und chemischen Substanzen. Die Wände waren mit schmutzigen Steinfliesen bedeckt, von denen einige Risse und Absplitterungen aufwiesen. Verrottete Regale und Tische standen entlang der Wände, auf denen alchemistische Werkzeuge, Fläschchen und Glasgefäße verstreut lagen.
Im Zentrum des Labors befand sich ein großer, verrosteter Operationstisch, der von seltsamen Metallarmen und Riemen umgeben war. Der Tisch war mit getrocknetem Blut und Flecken von seltsamen Substanzen besudelt. In einer Ecke stand ein zerschlissener Folterstuhl, an dem die Überreste einiger unglücklicher Kreaturen zu erkennen waren.
An den Wänden hingen schaurige Kunstwerke aus Kontaminierung: Skizzen von deformierten Kreaturen, Diagramme von infizierten Geweben und düstere Zeichnungen von seltsamen Ritualen. Daneben befanden sich Schränke voller Bücher und pergamentener Aufzeichnungen, deren Seiten vergilbt und von der Feuchtigkeit beschädigt waren.
In einer abgedunkelten Ecke des Labors befand sich eine Sammlung von Glaszylindern, die mit deformierten Kreaturen gefüllt waren. In ihnen zappelten mutierte Ratten, insektenartige Wesen mit überdimensionierten Kiefern und andere verstörende Geschöpfe. Ihre Augen glühten schwach in den dunklen Schatten des Raums.
Die Gruppe war überwältigt von der morbiden Atmosphäre des geheimen Labors. Jeder Blick in eine Ecke oder auf einen Tisch enthüllte weitere unheimliche Geheimnisse, die Oscar Yoren in seiner verzweifelten Suche nach Macht und Wissen entdeckt hatte. Sie beeilten sich, seine Forschungsunterlagen und das Rezept für Aqua Expurgo zu bergen, um sicherzustellen, dass sie nicht in die falschen Hände gerieten.
Mit den trostlosen Bildern des geheimen Labors von Reed Manor in ihren Köpfen kehrten sie eilig zur Eckerman Mill zurück, um von dort aus den gefährlichen Pfad nach Emberwood zu beschreiten.