Ein Hauch von staubiger Asche lässt eure Kehlen austrocknen, als ihr in eine Bibliothek eintretet. Die ehemaligen Bücherschränke und Regale an den Wänden sind von Ruß geschwärzt und jedes noch so kleine Stück Pergament ist verbrannt oder zerfallen.
Ein großer, rotfarbener Drachenblütiger mit breitem Brustkorb kauert in der hintersten Ecke des Raumes. Seine Schuppen sind mit verkrusteten Wunden überzogen, welche durch die unzähligen Löcher seiner zerfetzten und schmutzigen Robe hervorschauen. Er hält seine zitternden Hände vors Gesicht und bringt es nicht fertig, in eure Richtung zu sehen.
„Nein! Bleibt von uns weg! Geht!“
Wer bist du?
Er schaut euch über seine Hand hinweg an und die Muskeln um seine Augen herum zucken. Dann beginnt er, sich selbst scharf zischend zuzuflüstern, als ob er mit sich selbst ein Streitgespräch führte. Er neigt seinen Kopf leicht nach vorne und wirkt wie ein in die Enge getriebenes Tier, das kurz vor dem Angriff steht. Seine Stimme wird ganz rau.
„Kaladan ist nicht hier, und er lässt sich auch nicht zum Narren halten. Er hat keine Besucher geladen. Geht hinweg, betrügerische Geister!“
– Wurf auf soziale Talente SG 10
„Kaladan wird mit euch sprechen, aber ihr müsst auf Distanz bleiben, sonst werde ich mich darum kümmern müssen.“ Die starke Körperhaltung ist nun Vergangenheit, er zittert und seine Stimme klingt schwach und zaghaft. „Ach mit Kaladan wollt ihr sprechen? Mit Kaladan, dessen Berührung wie Gift ist? Mit Kaladan, der nicht um seine Wirkung weiß?“
Was sind Wächter?
Stark abgelenkt nickt er und späht auf die Tür hinter euch. „Ein Fenster. Ein Fenster zum Äther, wo die Geister leben. Späht hindurch und greift hinein, sprecht und hört hindurch.“
„Ein Wächter sieht Seelen. Er liest sie. Er kennt ihre Vergangenheit. Seelen der Lebenden. Seelen der Toten. Eine Empathie.“ Er atmet schwach röchelnd aus. „Und die Seelen sehen auch sie.“
„Habe es benutzt, um Wesen in beiden Reichen zu helfen, oh ja das habe ich. Das, was die Götter von mir verlangten, dachte ich. Oh, wie wenig ich wusste.“
Erevan?
Seine Stimme beginnt zu beben und er wird zornig. „Ich habe Erevan gesagt, die Abgründe der Cassalanters wären tief und von teuflischem Feuer durchzogen, aber hat nicht gehört!“. Er sinkt in sich zusammen und bedeckt sein Gesicht mit zitternden Händen. „Jetzt ist er fort. Und ich… ich habe den Abgrund gesehen. Die Hitze auf meiner Haut gespürt. Die lodernden Flammen der zurechtgelegten Gerechtigkeit. Feuer hat Feuer bekämpft und nun ist auch meine Flamme erloschen. Schaut weg! Dieser Anblick ziert nicht mehr meiner selbst. Ich bin ein Schatten meiner Vergangenheit. Sie haben mich genommen.“
Cassalanters? / Was ist passiert?
Kaladan blickt mit Schweißperlen auf den Wangen zu der Türe hinter euch. „Sie kamen in karminroten Roben und goldenen Masken. Sie brachten das Höllenfeuer auf diese Welt. Der brennende Schmerz…“ Abwesend streift er über sine geschwulstartigen Wunden. „Sie wollten ihn haben und zur Rechenschaft ziehen, im Namen des Fürsten. Doch er war schon fort. Seine Taten allerdings blieben. Jetzt war ich ihnen die Rechenschaft schuldig.“ In seinen Augen scheinen züngelnde Flammen aufzulodern.
Was ist das für ein Ort?
„Längst verlassen und doch noch eine Heimat. Ich erkenne meine Studien nicht wieder. Was ist hier geschehen? All der Trubel ist vom Winde verweht. Niemand lacht, niemand weint…“ Kaladan schüttelt den Kopf und hält seine Augen geschlossen, als ob er in Erinnerungen schwebt.
Das Ende / Bleierner Schlüssel
Kaladan beugt sich nach vorne und starrt mit leerem Blick durch den Holzboden, als würde er in eine andere Welt blicken. Seine Gesichtszüge sind fahl und ausgelaugt. „Geister des Verstandes. Kaladan hat die Kontrolle verloren. Kaladans Körper ist nicht mehr. Geister und Ungeister. Flüstern Kaladan ins Ohr. Erinnern ihn an seine Fehler. Kein Schlaf.
Wächter sehen Erinnerungen vor sich – sie formen sie aus der Essenz ihrer eigenen Seelen. Nach der Rechenschaft durch die roten Roben konnte er sie nicht vertreiben. Gab ihnen mehr Form, nicht weniger.“
Sein Kopf hebt sich und er blickt mit einem erbärmlichen Gesichtsausdruck durch euch hindurch.
„Unschöne Erinnerungen. Zornige Erinnerungen. Sie ziehen Kaladan zurück. Erinnern ihn an seine Fehler. Fürsten, Magier und Bauern. Wieso verurteilen sie mich für meine Forschungen über die Beseelung? Oh, wie wenig sie wissen.“
Seine Stimme wandelt sich zu einem Flüstern, als sein Blick langsam über die verbrannten Bücher um euch herum wandert.
„Sie sind hier. Schlüssel aus Blei. Bücher der Bürde. Vergangene Königinnen. Mir sind sie als der Bleierne Schlüssel bekannt. Ihre Anwesenheit bedeutet noch viel größeres Unheil. Geheimnisse. Geheimnisse und Täuschungen und Ränke. Wer kennt ihre Antworten? Sie nicht. Sie nicht. Habe sie schon früher verärgert. Hass auf die Wächter. Hass und Angst. Wir sehen viel, bedrohen ihre Geheimnisse. Sie sorgen sich, deshalb sind sie hier. Die Jagd wird bald beginnen. Ihr müsst euch Verstärkung bei den Gilden der Stadt holen. Der Stein von Golorr wird euch den Pfad hinab weisen. Tief und gut versteckt, zu der Waffe, die er am meisten fürchtet.“
Kaladan besinnt sich wieder und starrt euch direkt in die Augen.
„Feomathar ix Arkannon.“
Die Worte hallen durch den Raum wieder, laut und intensiv. Eure Füße beginnen nach unten zu sinken, als die Bibliothek um euch herum verschwimmt und verblasst. In einem Sog zieht es euch unter Wasser. Euer Gehör wird dumpf und der Druck lastet auf euren Körpern. Eure Sicht schwindet. Die Zeit scheint still zu stehen. Ihr schlagt eure Augen auf und befindet euch im Trollschädelanwesen. Kaladan scheint verschwunden und die Bibliothek ist still und verlassen, als ob nie jemand hier gewesen wäre.