(21.09.19) Jenseits des Spiegels – Session II

Tagebucheintrag von Calera Bernsteinblick

Liebes Tagebuch, viel ist die letzten Tage passiert. Ich muss meine Abenteuer unbedingt festhalten, auch im Hinblick darauf, dass ich eines fernen Tages womöglich alle meine sieben Katzenleben aufgebraucht habe und nicht mehr dazu kommen werde, diese Geschichten zu erzählen.

Wir, also meine Gefährten Karanor Rattentod und Zerzio Fersengold und ich, waren noch immer auf dem Mäusemarkt, um uns für die gefährliche Reise zu Nahemas Turm auszurüsten. Wir kauften einen Speer, da uns die Reise über den schwarzen Spiegel führen würde. Ein Ort, der mit hoher Wahrscheinlichkeit von unzählbaren, fischigen Kreaturen bewohnt war, denen man nicht zu nahekommen wollte.

Alles war friedlich und lief wie geplant, doch plötzlich wurde Zerzio von einer zwielichtigen Gestalt beklaut. Wir verfolgten den Dieb und stellten ihn einige Katzensprünge weiter entfernt, an einem kleinen Marktstand. Karanor setzte sein einschüchterndes Erscheinungsbild ein, um das Diebesgut zurückzufordern und hatte damit sogar Erfolg. Dieser muss ihm wohl zu Kopf gestiegen sein, denn er verlangte von dem armen, zitternden Kater noch mehr! Dabei brach er dem bemitleidenswerten Kerl beinahe die Schulter und diese Auseinandersetzung zog natürlich die Aufmerksamkeit aller Umherstehenden auf sich. Wieder einmal musste ich den beiden Idioten aus der Patsche helfen und konnte dank meines umwerfenden Charmes sämtliche Schuld auf den Dieb schieben.

Dennoch schob ich ihm danach unauffällig noch ein Wirselkraut zu und entschuldigte mich für meine rüpelhaften Begleiter.

Nach diesem Vorfall verkrümelten wir uns schnellstmöglich und machten uns auf den Weg zur Geburtenhöhle, um dort von Mutter Mika mehr über Nahema und ihren mysteriösen Turm zu erfahren. Wir lauschten der tragischen Geschichte von Turak und Nahema, doch abgesehen davon erfuhren wir nichts, was uns hätte helfen können. Also reisten wir zum Hafen.

Auf dem Weg dorthin gerieten wir jedoch in eine Auseinandersetzung mit einigen Ratten. Ungepflegte, stinkende und garstige Gesellen, das kann ich euch sagen. Wir konnten sie mühelos vertreiben, wobei Karanor jedoch mal wieder übertreiben musste und eine Ratte in seiner riesigen Pranke einfach so zerquetschte. Ihr Blut war überall und dieser Barbar schmierte sich das auch noch als Kriegsbemalung ins Gesicht. Das war definitiv eines der ekligsten Dinge, die ich je gesehen habe und mir wird allein schon von der Erinnerung wieder schlecht…

Nun denn, zurück zum eigentlichen Thema. Im Hafen fanden wir dann Arak, den Kerl, der laut einem dubiosen Händler auf dem Markt Schulden bei ihm hatte. Es stellte sich heraus, dass es wohl genau anders herum war, aber um ehrlich zu sein interessierte mich das in diesem Moment nicht sonderlich. Ich war viel zu geschockt von diesem komischen Kauz selbst. Er lebt ohne Kleidung, ohne alles in einem Schlammloch und sah auch dementsprechend aus. Ich versuchte, gesittet den Blick abzuwenden und fragte mich, ob denn heutzutage niemand mehr Manieren hatte.

Jedenfalls konnten wir ihn nach einigem Hin- und her dazu überreden, uns über den schwarzen Spiegel zu Nahmas Turm zu bringen. Auf dem Weg wurden wir natürlich – wie hätte es auch anders sein können? – von einem riesigen Tentakelmonster angegriffen, das wir allerdings schnell vertreiben konnten.

Dann endlich waren wir am Ziel unserer Reise: Nahemas Turm, groß und mächtig direkt vor uns. Wir suchten nach dem Fenster aus der Geschichte von Mutter Mika, aber auf dem Dach waren einige Seelenvögel, mit denen wir uns lieber nicht anlegen wollten.

Also beschlossen wir, zu tauchen. Karanor ging voraus. Wir hatten ein Seil an ihm befestigt, dass uns nach ihm dann den Weg weisen sollte. Es dauerte einige quälend lange Augenblicke und wir fürchteten schon, etwas Schlimmes wäre passiert, als wir zu unserer Erleichterung das Signal bekamen, ihm zu folgen. Wir schafften es alle in den Turm und waren schon bald in einem langen Gang angelangt, an dessen Ende eine Tür war. So weit, so gut. An der Wand lagen jedoch einige Skelette von Menschen und anderen, menschenähnlichen Kreaturen. Nicht so gut.

Vorsichtig, und auf alles gefasst, untersuchten wir den Gang, die Wände und die Skelette, wobei wir einige wertvolle Dinge fanden. Wir gingen zur Tür und versuchten, mit den gefundenen Schlüsseln, die Schlösser zu öffnen. Dabei stellte sich heraus, dass der magisch glänzende Schlüssel, den Zerzio gefunden und unvorsichtigerweise gleich beim ersten Schloss verwendet hatte, wohl nur einmalig verwendet werden konnte. Dahin war unsere Chance, nach diesem Abenteuer vielleicht noch einen Palast oder so auszurauben!

Doch das war nicht das Schlimmste. Natürlich hatten wir mit Fallen gerechnet und waren dementsprechend vorsichtig – doch wir wurden mit Feuer, Speeren und Giftgas konfrontiert. Letzteres war glücklicherweise nicht mehr wirksam, doch einer der Speere verletzte Karanor ziemlich heftig. Wir konnten ihn notdürftig zusammenflicken, aber er war immer noch deutlich angeschlagen.

In diesem Moment, wo die Speere auf uns zugerast kamen, sah ich mein erstes Katzenleben vor meinen Augen an mir vorbeiziehen – ich war mir sicher, dass ich nun mindestens eines von meinen sieben verlieren würde, aber erstaunlicherweise kam ich unverletzt davon.

Schließlich konnten wir einen Hebel in der Wand ausfindig machen, der eine Katzenklappe auf der anderen Seite öffnete. Wir erkundeten die Räume dahinter und gelangten in die privaten Gemächer von Nahema, wie es schien. Wir fanden Schmuck, Kleidung und viele schöne Dinge. Magische Gegenstände wuselten im Raum umher, so zum Beispiel eine Filzmaus, die sich von selbst bewegte und die ich nach einer aufregenden Jagd fangen konnte, oder eine Bürste, die von alleine den Raum säuberte.

Karanor hatte sich hinter das Sofa verkrochen und kam plötzlich mit einem riesigen, bunt leuchtenden Wollknäul hervorgekrabbelt! Konnte es das sein? Das Wollknäul, das wir auf der Schatzkarte gesehen hatten und wegen dem wir all diese Mühen auf uns genommen hatten? Wir betrachteten es ehrfürchtig, dann erkundeten wir den Turm weiter. Ganz oben fanden wir einen Sockel auf welchem eine leuchtende Kugel stand. Wie gern hätte ich sie angefasst! Sie leuchtete und glitzerte so schön, es hat mich richtig in den Pfoten gejuckt, die Kugel wenigstens einmal nur ganz kurz anzustupsen! Doch vor dem Fenster warteten schon die Seelenvögel, welche immer aggressiver versuchten, zu uns zu gelangen, also zogen wir uns zurück und gingen zurück zu Arak, welcher erstaunlicherweise immer noch auf uns wartete.

Wir reisten zurück zum Hafen – es war bereits helllichter Tag – und wir suchten uns mehr oder weniger unauffällig ein Versteck für den Tag. Wir nahmen einen kleinen, staubigen Dachboden in Beschlag und bastelten uns dort eine Truhe mit dreifachem Boden und legten dort das viel zu große und viel zu auffällige Wollknäul hinein.

Anschließend erholten wir uns von den Strapazen und sobald die Sonne sich wieder dem Horizont näherte, gingen wir zum Mäusemarkt, um unsere Schätze gegen andere, wichtige Dinge einzutauschen. Ich ließ mir ein Kleid anfertigen – ein wunderschönes, elegantes Kleid aus schwarzer Seide mit Strasssteinen und – das ist das Beste daran – unter dem Stoff verborgen eine Rüstung aus purem Silber. Des Weiteren kaufte ich eine süße, kleine und pechschwarze Babyratte, welche ich zähmen und trainieren werde.

Doch der Frieden und die Freude über die erworbenen Sachen währte nicht lange – wir wurden beobachtet. Und von niemand geringerem als Don Gato, Anführer der Katzenmafia, oder zumindest von einem seiner Handlanger. Das roch nach Ärger. Wir zogen uns zurück und nahmen uns einer anderen Sache an: Die Puppe, welche ich für ein kleines Kätzchen auf dem Markt finden sollte, schien ein dunkles Geheimnis zu bergen: Es gab Gerüchte, dass sie lebendig sei und die Katzen schienen furchtbare Angst vor ihr zu haben. Natürlich mussten wir der Sache auf den Grund gehen.

Wir betraten eine dunkle, unheimliche Gasse, in die sich keine Katze bei gesundem Verstand um diese Uhrzeit wagen sollte. Mir schlotterten die pelzigen Knie und ich war in höchster Alarmbereitschaft. Zurecht, wie sich herausstellte: Ein riesiger, monströser Hund tauchte aus einer der Seitengassen auf und jagte uns! Ohne nachzudenken sprintete ich um mein Leben, die anderen folgten mir panisch.

Wir gelangten zu einem alten, verlassenen und etwas in die Jahre gekommenen Anwesen. Große, prächtige Bilder an den Wänden zeigten wohl die ehemaligen Besitzer. Komische, ernst dreinblickende Menschlinge. Wir durchsuchten das Haus auf der Suche nach einem weiteren Ausgang, wobei einige Dinge äußerst merkwürdig waren. Ein Teddybär, der aus dem Nichts auftauchte, verbarrikadierte Fenster und Türen und ein Keller, dessen Zugang mit Brettern komplett versperrt war. Wir trafen einen alten Kater – Miauzibär, so stellte er sich vor – der uns erklärte, dass dies das Haus der Familie Gatris war. Es waren Geister, die seit ihrem Tod in diesem Haus herumspukten, aber ansonsten recht freundlich waren.

Eigentlich wollten wir möglichst bald wieder abreisen, doch am nächsten Tag kamen auf einmal fremde und ziemlich lebendige Menschlinge in das Haus und schienen es zu besetzen. Die Tochter der Familie Gatris, Mara Gatris, bat uns um Hilfe. Doch was wir auch taten, um diese Zweibeiner zu verjagen, es brachte nichts.

Wir müssen uns nun einen Plan ausdenken, um die Menschen ein für alle Mal zu verjagen und wir wollen das Geheimnis um den Tod der Familie und den verriegelten Keller lüften. Ich will wissen, was es damit auf sich hat und was die mysteriöse Puppe mit all dem zu tun hat…

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